10.05.2025

Taiwan Today

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Die eisernen Glühwürmchen

01.05.2001
Eine Brosche aus Gold und Sterling-Silber von Wang Mei-Jen.
Wang Mei-jen hämmert an einem Stück Metallblech herum. Schweiß perlt auf ihrer Stirn, aber sie arbeitet unbeirrt weiter, und der Hammer hebt und senkt sich rhythmisch und regelmäßig. Erst als ihr Stunden später der Arm wirklich schwer wird, legt sie eine Pause ein. "Metallarbeit ist echt körperliche Schwerarbeit", keucht sie. "Man muss das Metall ausglühen, bevor man es mit dem Hammer dehnen und formen kann, und Frauen haben oft nicht genug Kraft dazu. Außerdem fürchten viele Frauen sich vor Feuer."

Diese Dinge hat die Künstlerin auf die harte Tour erlernt: Nach jahrelanger Metallarbeit hat sie geschädigte Bänder und geschwollene Hände, aber trotzdem sieht es so aus, als ginge ihr die Arbeit leicht von der Hand. "Ich habe oft Verletzungen an den Händen, und die Arbeit ist laut, aber ich bin dabei glücklich und habe dieses herrliche Gefühl der Gelassenheit", beschreibt sie. "Es ist so, als ob ich durch den Hammer ein Zwiegespräch mit dem Metall führte."

Mit Metall ist Wang aufgewachsen. Ihr Vater betrieb eine Eisenhütte, daher war ihr der Anblick schwerer Maschinen von Kindesbeinen an vertraut und konnte ihr keine Angst mehr einjagen. "Für die meisten Frauen ist Metall hart, fremd und kalt", weiß Wang. "Für mich ist es manchmal aber auch weich wie Papier -- etwas, das man auf die unterschiedlichste Weise formen kann."

Nach ihrem Examen an der Kunstabteilung der Chinese Culture University in Taipeh studierte Wang an der Schule für Kunst und Kunstgeschichte der University of Iowa (USA) weiter. Ihr Hauptfach dort war Design, als Nebenfächer wählte sie Metallbearbeitung und Schmuckdesign. Mit diesem Programm inspirierte sie ihre kreativen Ideale und stählte auch jene Fertigkeiten, die Kunstschmiede benötigen. Nach dem Abschluss dieses Magisterstudienganges kehrte Wang nach Taiwan zurück und weihte sich der Förderung der Goldschmiedekunst. Seit nunmehr 17 Jahren zeigt und lehrt sie ihr Handwerk in Schulen, Gemeinden, privaten Organisationen und Berufsschulzentren. Ihr Schwerpunkt lag dabei immer auf der Werbung für die Metallbearbeitung vor Leuten, denen sowohl die Ausbildung als auch die Ausrüstung für Metallbearbeitung als Steckenpferd fehlte.

Als Wang im Jahre 1984 an der Abteilung für Angewandte Kunst der Fu Jen Catholic University unterrichtete, entwarf sie einen Kurs für Metallbearbeitung und Schmuckdesign, den ersten dieser Art an einer taiwanischen Schule überhaupt. Wang bekleidet derzeit eine Professorenstelle am Graduierteninstitut für Angewandte Kunst beim Tainan National College of the Arts. Dieses Programm hat drei Unterabteilungen: Keramik, Metall und Textilien.

Worin besteht die Anziehungskraft der Metallbearbeitung? Laut Wang haben Edelmetalle zahlreiche Eigenschaften gemeinsam: Sie sind dauerhaft, geschmeidig, formbar und dehnbar. Diese Qualitäten und eine elegante, glänzende Erscheinung haben seit Jahrtausenden ihre Beliebtheit bei Schmuckherstellern garantiert. "Das Handwerk entwickelt sich ständig weiter", sagt Wang. "Laufend werden neue Techniken vorgestellt, und es ist eine Herausforderung, diese mit Erfolg zu lernen."

Kunstschmiede-Lehrlinge fangen mit den Grundlagen an: Biegen, Schneiden, Bohren, Feilen, Polieren, Hämmern und Löten. Zu den fortgeschritteneren Techniken gehören Einlegearbeiten und Patinierung, Kettenherstellung, Einfassung und andere. Die Schüler lernen auch die Herstellung von Stücken mit Zusatzmaterialien wie Glas oder Holz.

Wang verbringt ihren Urlaub oft im Ausland und eignet sich dabei gern neue Kenntnisse an. "Metallbearbeitung erfordert lebenslanges Lernen", verkündet sie. "Ich betrachte meine Werke nie als restlos vollendet. Irgendwie scheint da immer etwas zu sein, das noch getan werden müsste, etwa Oberflächenbehandlung." Gerade das erhöht für sie aber noch den Reiz.

Künstler erleben oft Druck, Enttäuschung und Einsamkeit. Wang erinnert sich, dass zu Beginn ihrer Karriere das Kunstschmiedehandwerk nur als eine Seitenlinie der Kunst galt. "In der Öffentlichkeit wusste man kaum etwas darüber, und die großen Schmuckfirmen kopierten einfach ausländische Produkte, ohne einen Cent für Forschung und Entwicklung ausgeben zu müssen", verrät sie. "Für Taiwans Kunstschmiede gab es damals keinerlei Fachausbildung, und sie wussten fast nichts über Designkonzepte und neue Technologie."

In der jüngsten Zeit gab es jedoch Anzeichen für Verbesserungen. Eine ganz neue Generation kreativer, gut ausgebildeter Designer revolutioniert die akademischen Kreise Taiwans und auch den industriellen Bereich. Manche der angesehensten Schulen der Insel, darunter die pädagogische Hochschule Taiwan und die National Taiwan University of Science and Tech nology bieten jetzt auch Kunstschmiedekurse an. Viele Studierende halten auch nach dem Studienabschluss den Kontakt untereinander und tragen zu der Schaffung wertvoller beruflicher Netzwerke bei.

Rund ein Dutzend Absolventen der Fu Jen Catholic University mit dem Hauptfach Design von Metallprodukten bildete eine ursprünglich als Netzwerkverband konzipierte Gruppe unter der Leitung von Wang Mei-jen. Die ausnahmslos weiblichen Mitglieder vergleichen sich selbst mit Glühwürmchen, die eine undeutliche, aber unbestreitbar vorhandene Aura der Kreativität ausstrahlen. Diese Vorstellung drückt sich auch in dem Gruppennamen(晶螢掇英)aus, den man ungefähr mit "Glühwürmchenkollektiv" übersetzen kann. Heute arbeiten die Frauen als Team zusammen, um Kunstwerke herzustellen und auszustellen, und sie wollen das Beste der heutigen Goldschmiedekunst ins öffentliche Bewusstsein rücken.

In den bisher von der Gruppe organisierten zwei Ausstellungen wurden über hundert Einzelstücke gezeigt, darunter Schmuck, Haushaltsgegenstände und Esstischutensilien. Manche der Stücke waren klassisch, manche modern; viele waren konkret und praktisch, andere abstrakt und ästhetisch. Das Ergebnis war eine verblüffend vielseitige Vorstellung von Stilen, die individuelle Kreativität in Verbindung mit verschiedenen Techniken und Materialien widerspiegelte.

Die eisernen Glühwürmchen

PMC-Anhänger von Sandra Lu

Das Gruppenmitglied Sandra Lu betreibt zu Hause ein Metallatelier und unterrichtet daneben an einer Berufsschule und in Handwerksklubs. "Künstlerische Arbeit verlangt ununterbrochene Hingabe", charakterisiert sie. "Ich fühle mich manchmal deswegen müde und einsam und brauche dann Unterstützung von meinen Freunden -- Ermutigung, Erfahrungsaustausch und allgemeine Stimulierung." Ihre Mitgliedschaft in einer Gruppe aus Gleichgesinnten hält ihre kreative Flamme gleichfalls am Leben und bietet obendrein ein gewisses Maß an Öffentlichkeit. Sie ist glücklich darüber, dass sie tun kann, was ihr am meisten Spaß macht, denn davon können viele Menschen bis zu ihrer Pensionierung nur träumen.

Die meisten Inspirationen bezieht Lu aus der Natur und aus Architektur. Sie hat viele Schmuckstücke mit Laubblättern und Meerestieren entworfen. Auf der anderen Seite hat ihre Tafelware -- Salzfässchen, Pfeffermühlen und Serviettenringe -- ein breites Spektrum geometrischer Formen.

Lu arbeitet am liebsten mit Silber. Es ist ebenso leicht formbar wie Gold, kostet aber viel weniger und hat Klasse, ohne zu modisch zu wirken. Neulich stieß sie auf ein neues Medium namens "PMC" (precious metal clay), eine lehmartige Mischung aus Silberstaub, Wasser und Kohlenstoff. Es ist formbar wie Ton, ungiftig und billiger als Silber, und nach dem Brennen im Ofen ist es von echtem Silber kaum noch zu unterscheiden. Lu hat es bei mehreren neuen Schmuckstücken mit hervorragenden Ergebnissen verwendet.

Metallbearbeitung kann frustrierend schwierig sein. Oft genug hat Lu feststellen müssen, dass ein auf dem Papier schön aussehender Entwurf in der Praxis nicht herstellbar war. Bei der Verarbeitung können technische Schwierigkeiten auftreten, und ein winziger Fehler beim Löten kann die ganze Arbeit ruinieren. Lu beharrt aber eisern darauf, dass all diese Versuche und ärgerlichen Probleme durch ein triumphierend vollendetes Werk mehr als aufgewogen werden.

Die eisernen Glühwürmchen

Armreif aus Sterling-Silber und Lack von Chen Kuo-jen.

Ein anderes Gruppenmitglied ist Chen Kuo-jen, Dozentin an der Abteilung für Angewandte Kunst der Fu Jen Catholic University. "Das Tolle an der Metallbearbeitung ist, dass man den ganzen Prozess von Anfang bis Ende unter Kontrolle hat: den Entwurf, die Auswahl von Techniken und Materialien und so weiter", schwärmt sie. "Am Ende hat man ein ganz großes Erfolgsgefühl. Es ist der höchste freie Ausdruck der eigenen künstlerischen Philosophie und Perspektiven." Vor kurzem veranstaltete sie eine Solo-Ausstellung im Landkreis Taipeh mit dem Titel "Über dem Himmel", womit sie ihre Liebe zum Himmel ausdrückte -- Sterne, Mondlicht, Sonnenschein und die Dämmerung haben einen großen Teil ihrer Arbeit inspiriert. Oft verwendet sie einfache Formen zum Ausdruck dessen, was sie als stille Meditationen über das Universum bezeichnet. Typisch für ihren Stil ist auch die Anbringung von Lack auf ihren Kunstschmiedearbeiten.

Aber jeder Mensch muss essen, und durch Hinaufstarren in den Himmel wird man nicht satt. Wie fast alle Gruppenmitglieder hat Chen große Schwierigkeiten beim Versilbern" ihrer Arbeiten, auch weil viele Menschen Silber geringschätzig als "billiges" Edelmetall betrachten und glauben, aus Silber gefertigte Exemplare sollten zum Vorzugspreis angeboten werden. Nach Ansicht von Chen liegt der wahre Wert jeder Arbeit jedoch in ihrem künstlerischen Wert und ihrer Einzigartigkeit. Um ihre Werke einem größeren und hoffentlich wohlwollenderen Publikum vorzustellen, möchte sie einige ihrer Kreationen in verschiedenen Boutiquen zeigen, besonders in einem Geschäft für Teenager in Taipehs modischem Shoppingviertel Hsimenting.

Beatrice Chiang, ein weiteres "Glühwürmchen", hat ähnliche Sorgen. "Der finanzielle Druck ist für alle Künstler ein großes Problem", gesteht sie. Mit öffentlicher Anerkennung für die Schmiedekunst ist es in Taiwan noch nicht weit her. "Die Menschen, die Kunstwerke eher wegen des künstlerischen Werts schätzen als wegen des verwendeten Materials, sind meist gut gebildet. Nur indem wir diese Art von Bildung fördern, können wir hoffen, dass Kunst die ihr zukommende Wertschätzung erhält, und dass wir die Künstler zur vollen Entfaltung ihres künstlerischen Potenzials ermutigen können."

Die Leiterin der Gruppe, Wang Mei-jen, verheimlicht nicht ihre Sorgen über die Karrieremöglichkeiten ihrer Schützlinge. Allgemein gibt es zwei kommerzielle Märkte für die Schmiedekunst. Der eine handelt als individuelle Einzelstücke gefertigte Kunstwerke zu hohen Preisen. Der andere Markt ist viel größer und bietet nach Mustern hergestellte Massenware an. Wang empfiehlt ihren Schülern, auf beiden Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen und ihre Produktpalette um Haushaltsgegenstände wie Küchengeräte und Kerzenhalter zu erweitern.

Entsprechend legt Wang großes Gewicht auf die Verwendbarkeit der Kunstwerke. "Kunst sollte nicht nur schöne Kunst sein, die sich die Leute zum rein ästhetischen Genuss an die Wand hängen", rät sie. "Kunst sollte ein Teil unseres Alltagslebens werden." Mit anderen Worten, Künstler sollten den Markt erst genau unter die Lupe nehmen und bei ihrer Arbeit die potenzielle Funktionalität und die Materialkosten berücksichtigen.

Ein weiteres Problem ist, dass der taiwanische Markt für Metallkunsthandwerk derzeit von importierten Markenartikeln beherrscht wird. Ein gutes Beispiel dafür sind die Silberprodukte von Georg Jensen aus Dänemark. Jensens Sortiment umfasst neben Schmuck wie Broschen und Halsketten auch Haushaltsgegenstände wie Teller und Kaffeekannen, und in Taiwan sind Jensens Sachen ein Renner. Wang Mei-jen schreibt den Erfolg der Kollektion der sorgfältigen Pflege des Produktimages, innovativen Designs, verlässlicher Qualität und der breiten Produktpalette zu -- alles Eigenschaften, die sie ihren Schülern bei deren Suche nach einem Geschäftsmodell ans Herz gelegt hat.

Chen Kuo-jen sieht das ebenso, und überdies betont sie die Bedeutung des Nachverkaufsservice. Ihrer Ansicht nach mangelt es Taiwan gegenwärtig an der Fähigkeit, einen Markennamen in Verbindung mit innovativen Fähigkeiten zu entwickeln, und daher sollten akademische Künstlerkreise enge Kontakte zur Geschäftswelt unterhalten. "Ich lade oft Juweliere und erfahrene Designer zu Gesprächen mit meinen Schülern über die neuesten Markttrends ein", erzählt sie. "Wenn die Gäste hier sind, versuche ich ihnen einen Einblick in die wertvollen Eigenschaften unserer Studierenden zu vermitteln, etwa ihre Kreativität. Mit Kommunikation solcher Art wird man das Profil der einheimischen Kunstschmiede allmählich heben."

Chen geht mit ihren Schülern auch in Kaufhäuser, Juweliergeschäfte und zu Ausstellungen, und gleichzeitig empfiehlt sie ihnen den Beitritt zu Organisationen, die ihnen den Kontakt zu Leuten mit wertvollen Erfahrungen ermöglichen.

Ermutigend findet Chen, dass viele Schüler nach einem Studium im Ausland nach Taiwan zurückkehren und neueste Kenntnisse und Fertigkeiten mitbringen. Dadurch wurde das einheimische Kunstschmiedegewerbe viel professioneller und dafür weniger abhängig von dem altmodischen System der Handwerkslehre. Chen selbst hatte ihren Magister in Schmuckdesign an der University of Central England in Birmingham gemacht und sich anschließend am Royal College of Art in London weitergebildet.

Die eisernen Glühwürmchen

Philip Liao ist seit rund dreißig Jahren im Schmuckgeschäft, die letzten 16 Jahre davon in Taiwan. "Taiwan hat sehr spät angefangen, aber inzwischen erhöht sich das Entwicklungstempo hier", kommentiert er. Ursprünglich waren taiwanische Schmuckstücke simple und inspirationslose Klunker. Erst in den achtziger Jahren begann sich die Lage in Taiwan mit der Zuwanderung von Goldschmieden aus Hongkong zu verbessern. Taiwanische Schmuckhersteller machten am liebsten alles selbst, aber die Neuankömmlinge hatten ein ausgeklügeltes System der Arbeitsteilung mit Designern, Formgießern, Einfassern, Polierern, Metallvulkanisateuren, Oberflächenspezialisten und Qualitätskontrolleuren erdacht. Angestachelt von den Zuwanderern machte Taiwans Designarbeit große Fortschritte.

Ein weiterer hilfreicher Faktor war, dass ab Ende der achtziger Jahre immer mehr Hochschulen und Universitäten Kurse für Goldschmiedekunst und Schmuckdesign anboten. Frühe Absolventen gingen dann zur Weiterbildung nach Europa oder in die USA, und bei ihrer Rückkehr konnten sie laut Chen ihrem in Taiwan sich rasch entwickelnden Gewerbe einzigartige Impulse geben. Philip Liao etwa machte seinen Schmuckdesign-Magister in Großbritannien, und die meisten Mitglieder des Schmuckdesign- und Kunstschmiedeverbandes Taiwan -- dessen Vorsitzender Liao ist -- haben im Ausland studiert.

Es gibt Anzeichen für eine wachsende Begeisterung für Metallkunst, nicht nur in akademischen Kreisen, sondern auch in der Geschäftswelt. Liao ist eindeutig ein Anhänger der neuartigen Schmiedekunst. Er sieht jedoch eine schwere Krise auf Taiwans Schmuckgeschäft zukommen, weil die älteren Kunstschmiede in den Ruhestand treten oder sterben und gleichzeitig immer weniger Neulinge in das Gewerbe einsteigen.

Zur Besserung der prekären Lage möchte Liao eine Privatschule für Teenager gründen, die keine Lust auf rein akademisches Lernen haben. An einer solchen Schule würden die Schüler zuerst traditionelle Techniken von erfahrenen einheimischen Goldschmieden erlernen, im zweiten Studienjahr in Edelsteinkunde, Ästhetik und Design unterwiesen werden und auch moderne Technologie aus Europa und den USA kennenlernen. Sie sollen auch die Gelegenheit geboten bekommen, bei einheimischen Goldschmieden wertvolle Arbeitserfahrung zu sammeln. Das sollte ausreichen für eine solide Grundlage in Techniken, Theorie und Praxis, die sonst vielleicht vom Aussterben bedroht wären.

Nach Liaos fester Überzeugung sollten die Neulinge sich auf den Exportmarkt konzentrieren, denn Taiwans Inlandsmarkt hat schlicht und ergreifend nicht mehr genügend Wachstumspotenzial. Nun gilt es den europäischen Stilen nachzueifern, anstatt wie Hongkong, Thailand oder Malaysia mit billigen Arbeitskräften massenhaft kommerziellen Schmuck zu produzieren. In seinen Augen ist der Unterschied deutlich: Der europäische Stil dreht sich um Design und will die künstlerischen Ideale eines individuellen Designers ausdrücken, wogegen es in Hongkong und Südostasien um Massenproduktion und Markttrends geht.

Liao freut sich darüber, dass Taiwans Hochschulen und Universitäten offenbar seine Ansichten zu teilen scheinen. "Mit Taiwans Kunstschmiedebranche wird es dann aufwärts gehen, wenn die Schüler mit Handwerkern arbeiten können, die eine richtige konzeptionelle und technische Ausbildung erhalten haben", prophezeit er. "Die Branche wird aber nur dann innovative, vielseitige und marktfähige Produkte erzeugen können, wenn sie zur Kombinierung von einheimischen traditionellen Techniken mit Europas moderner Technologie bereit ist."

Diese positive Einschätzung wird auch von Chen Kuo-jen geteilt. In Europa und den USA ist das Kunstschmiedehandwerk bereits sehr beliebt, ebenso in manchen asiatischen Ländern wie Japan und Südkorea, und der Markt wächst ständig. Kein Zweifel, Taiwan hat einen späten Start erwischt, aber Chen meint: "Davon sollten wir uns nicht entmutigen lassen. Besser spät als nie."

Das Glühwürmchen-Kollektiv aus New-Wave-Pionieren hat sich zweifelsohne einen passenden Namen gegeben -- diese prächtigen Glühwürmchen erleuchten ihre düstere Umgebung mit ihrer strahlenden, lebhaften Kreativität, und mit ein bisschen Glück und Beharrlichkeit werden sie vielleicht schon bald Taiwans traditioneller Goldschmiedekunst eine völlig neue Patina von Anmut und Glück verleihen können.

(Deutsch von Tilman Aretz)

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